Cornelia Kaminski – Ökologia 2023
Am 19. Januar 2023 fand in der ALFA-Bundesgeschäftsstelle in Augsburg die Amtsübergabe der „Ökologia“ – Botschafterin der Ökologie der Stiftung für Ökologie und Demokratie e.V. – statt. Der bisherigen Ökologia, Prof. Dr. Estelle Herlyn von der FOM-Hochschule Düsseldorf (auf dem Foto links) folgte Cornelia Kaminski, Bundesvorsitzende der Aktion Lebensrecht für alle (ALFA) (rechts auf dem Foto).
Der Vorsitzende der Stiftung für Ökologie und Demokratie e.V., Hans-Joachim Ritter (auf dem Foto in der Mitte), begründete die Wahl der diesjährigen Ökologia damit, dass die Stiftung den Begriff der Ökologie so interpretiere, dass darunter alles Leben auf unserem Planeten, auch das menschliche, gehöre. Deshalb sei es aus ökologischer Sicht geboten, sich auch für den Schutz der Ungeborenen zu engagieren wie dies die ALFA tue. Leider werde in unserer Gesellschaft dieses Thema tabuisiert und ausgeklammert. Das Selbstbestimmungs-recht der Frau stehe vor dem Recht auf Leben. Der Wertekompass unserer Gesellschaft befinde sich in Schräglage. Europa sei zunehmend dabei, seine geistige Grundlage zu verlieren. Deshalb plane die Stiftung zusammen mit ALFA Anfang September in Fulda eine Tagung zum Thema „Der Mensch – ein Auslaufmodell?“.
Rede von Frau Kaminski bei der „Ökologia“-Amtsübergabe
Ökologia 2023 – Einblick und Ausblick
Als ich einer Freundin erzählte, dass die Stiftung Ökologie und Demokratie mich ausgewählt
hat, Botschafterin der Ökologie 2023 zu sein, war ihre spontane Reaktion: Ökologie? Dafür
bist du doch gar nicht bekannt?
Es mag manchem so gehen, der von dieser Auszeichnung hört. Der Einsatz für den Schutz
des Lebens wird nicht in Verbindung gebracht mit dem Schutz der Umwelt. Was eigentlich
völlig naheliegend sein sollte, erscheint vielen stattdessen nahezu absurd.
Der entscheidende Grund hierfür scheint mir zu sein, dass die Organisationen, die sich teils
seit Jahrzehnten, teils erst seit kurzer Zeit mehr oder weniger vehement für den Umwelt-
oder Klimaschutz einsetzen, gleichzeitig oft intensiv damit beschäftigt sind, den
Lebensschutz für Menschen zu schleifen.
Ein paar Beispiele:
• Die Forderung nach einem Recht auf Abtreibung, die bei der großen Fridays for
Future Demo in Berlin 2019 erhoben wurde, erhielt dort lautstarken Beifall.
• Luisa Neubauer fragt in ihrem Buch, „Ist das Kinderkriegen unseren Mitmenschen
gegenüber verantwortungsvoll, da statistisch gesehen nichts einen größeren CO2-
Fußabdruck hinterlässt als ein Kind?“
• Und wenn dann noch die grüne Familienministerin die Abschaffung des § 218 fordert,
wie gerade geschehen, dann belegt dies nur noch einmal sehr deutlich, wie weit für
manchen sogenannten Umweltschützer der Schutz des Menschen und der Schutz des
Klimas voneinander entfernt sind.
• Bewegungen wie „Birth strike“ oder „Antinatalismus“, die ebenfalls offensiv Umwelt-
und Klimaschutz zu betreiben vorgeben, sind sogar dezidiert menschenfeindlich
aufgestellt. Ohne den Menschen, so die These, könne die Erde in eine Art hoch
erstrebenswerten paradiesischen Urzustand zurückgeführt werden.
Das Paradies jedoch war von Menschen bewohnt und für Menschen gemacht. Der Mensch
gehört zur Natur dazu und hat eine eigene Natur, die es zu achten und zu schützen gilt.
Nur wenige Tage nach der Beerdigung des großen Papstes Benedikt XVI möchte ich daher
seine Worte in Erinnerung rufen, die er dem deutschen Bundestag in seiner leider viel zu
wenig von der Politik beachteten Rede 2011 eindringlich vorgetragen hat:
„Es gibt auch eine Ökologie des Menschen. Auch der Mensch hat eine Natur, die er achten
muss und die er nicht beliebig manipulieren kann. Der Mensch ist nicht nur sich selbst
machende Freiheit. Der Mensch macht sich nicht selbst. Er ist Geist und Wille, aber er ist
auch Natur, und sein Wille ist dann recht, wenn er auf die Natur hört, sie achtet und sich
annimmt als der, der er ist und der sich nicht selbst gemacht hat. Gerade so und nur so
vollzieht sich wahre menschliche Freiheit.“
Menschliche Freiheit vollzieht sich in der Achtung vor seiner Natur, und unter Nutzung
seiner menschlichen Vernunft.
Wer weder die Natur des Menschen achtet, noch auf die Vernunft hört, kann weder
sinnvollen Umwelt- und Klimaschutz betreiben, noch kann er die Erde in einen
paradiesischen Urzustand zurückversetzen.
Wie recht Benedikt hatte, als er davon sprach, dass sich nur unter Achtung der menschlichen
Natur wahre menschliche Freiheit vollziehen könne, erleben wir zur Zeit sehr offensichtlich
im Aufeinanderprallen von Vernunft einerseits und Streben nach Freiheit andererseits.
Die Vernunft sagt uns beispielsweise, dass es zwei Geschlechter gibt, und es nicht möglich
ist, frei zwischen diesen Geschlechtern hin- und her zu wechseln, oder gar noch andere
Geschlechter zu definieren und zu wählen. Die Vorstellung, dass dies doch möglich sei,
widerspricht einerseits der menschlichen Natur, und setzt andererseits ein vollständiges
Ausschalten der Vernunft voraus. Unweigerlich ist die Folge solcher Bestrebungen daher
auch eine massive Schädigung nicht nur der menschlichen Natur. Wer sein Geschlecht
dergestalt verändern möchte, dass es dem Anschein nach nicht mehr dem biologisch
gegebenen Geschlecht entspricht, der muss dafür seine Natur durch zahlreiche Operationen
verändern und bis an sein Lebensende Hormone schlucken, die wieder ausgeschieden
werden.
Die Vernunft sagt uns darüber hinaus, dass es nicht ohne Folgen für die menschliche Natur
bleiben kann, wenn sie über Jahrzehnte mit der Einnahme hormoneller Kontrazeptiva
manipuliert wird. Seit einigen Jahren beobachten wir daher zwar eine gewisse
Pillenmüdigkeit junger Frauen, die nicht länger bereit sind, die zahlreichen Nebenwirkungen
der hormonellen Verhütung hinzunehmen.
Eine junge Frau, nennen wir sie Tanja, erzählt, dass sie nach einer durchzechten Nacht nicht
nur mit rasenden Kopfschmerzen, sondern auch Panikgefühlen wach wurde – mal wieder ein
One Night Stand mit irgendeinem Typ, und wieder die Sorge, ungewollt schwanger
geworden zu sein. Der Besuch in der Notfallambulanz war der fünfte in diesem Jahr. Für
Tanja wie für viele anderen Frauen auch ist die Notfallverhütung zur Regelverhütung
geworden – billiger als die Pille, und mit dem Versprechen, dass man damit getrost auf die
regelmäßige Pilleneinnahme verzichten könne.
Der Absatz der sogenannten „Pille danach“, die eine bis zu zehnfach höhere Hormondosis
enthält als die normale Antibabypille, ist nahezu explodiert. 875.000 mal ging diese
„Notfallverhütung“ in 2021 über den Ladentisch. Die Hersteller dieser Präparate haben sie
jedoch niemals als reguläre Verhütungsmittel vermarktet – und deswegen gibt es auch
keinerlei Studien, die darüber aufklären könnten, was die Langzeitfolgen für Frauen sind, die
sie, so wie Tanja, immer wieder nehmen. Was hingegen bekannt ist, ist die Unzuverlässigkeit
der Pille danach. Schon 72 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr kann sie nur
noch in etwas mehr als der Hälfte der Fälle das Problem der ungewollten Schwangerschaft
erledigen. Eine Abtreibung ist die Folge, und diese wird nun ebenfalls in über 30 % der Fälle
mit chemischen Präparaten durchgeführt, die nicht ohne gravierende Folgen für die
betroffenen Frauen bleiben. Unsere Vernunft sagt uns auch hier, dass falsch verstandene
Freiheit Grenzen und Konsequenzen hat.
Wir wissen schon lange, dass die hormonelle Geburtenkontrolle drastische Folgen für die
Umwelt hat. Denn ausgeschiedene Hormone, die durch Spirale, Implantate und die Pille
aufgenommen wurden, sind ein Schadstoff, genau wie Trenbolon (ein synthetisches Steroid,
das Rinder „aufbläht“) und das Pestizid Bifenthrin. Gord Miller, der Umweltbeauftragte von
Ontario, sagte: „Wenn man das perfekte Umweltgift entwerfen würde, sähe er
wahrscheinlich aus wie die Pille.“ Um das Ausmaß zu verdeutlichen: Ein einziger Fingerhut
ausgeschiedener Östrogene in einem See von 300 Metern Duchmesser schädigt Nieren und
Leber der darin lebenden Fische und stört erheblich ihre Fortpflanzungsfähigkeit, so dass die
gesamte Population auszusterben droht.
Statt nun die Umweltschäden zu thematisieren, die durch die hormonelle Verhütung
entstehen, wird die Einnahme von Hormonen auf weitere Bevölkerungsgruppen ausgedehnt.
Nicht nur Mädchen und Frauen gehören nun zum Kundenstamm der entsprechenden
Pharmaindustrie, sondern auch Heranwachsende, die hormonelle Pubertätsblocker
verabreicht bekommen, und erwachsene Transgenderpersonen, die lebenslang Östrogene
oder Testosteron schlucken müssen, um die hormonelle Simulation einer Transidentität
aufrecht erhalten zu können.
Umweltschützer sagen uns, dass unser Ökosystem von einem äußerst empfindlichen
Gleichgewicht einer Vielzahl von Faktoren abhängt und dass selbst die scheinbar
unbedeutendsten Aktivitäten des Menschen ausreichen, um große Auswirkungen auf das
System zu haben. Dennoch schweigen sie sich über die ökologischen Auswirkungen dieser
hoch potenten und gefährlichen Chemikalien auf die Umwelt aus.
Wir erleben eine neue Generation von Aktivisten, die einen dogmatischen
Wahrheitsanspruch für sich reklamieren, der dem vielfach kritisierten
Unfehlbarkeitsanspruch der Päpste in nichts nachsteht. Mit dem Unterschied, dass kein
Papst je ex cathedra gesprochen hat, ohne vorher die gesamte Weltkirche und den heiligen
Geist intensiv konsultiert zu haben.
Diese Aktivisten zerstören Kunstwerke, führen bewaffnete Auseinandersetzungen mit der
Staatsgewalt, kleben sich auf Straßen fest und gefährden Menschenleben, um uns
eindringlich vor Augen zu führen, wie nahe die Klimaapokalypse ist. Die drohende
Apokalypse in unseren Gewässern, in den Körpern der Transgenderpersonen, in den Körpern
der Frauen und Mädchen, die ihre Gesundheit mit hochdosierten Hormonpräparaten
schädigen, die todbringende, vernichtende Apokalypse in den Abtreibungskliniken wird von
ihnen hingegen vollständig ausgeblendet. Eine höhere Autorität als die, die sich selbst
verliehen haben, erkennen sie nicht an, sie scheinen nicht nur vom heiligen Geist, sondern
allen guten Geistern verlassen zu sein.
Wer den Schöpfergott leugnet, sucht ihn nicht mehr in all seinen Geschöpfen, sondern wird
zum eklektischen Schützer ausgewählter Bereiche. Ökologischer Eklektizismus ist jedoch
nicht nur unvernünftig, sondern zerstört letztendlich das, was er zu schützen vorgibt.
Mein Anliegen als Ökologia ist es daher, diesem Eklektizismus entgegenzuwirken: Unsere
Verantwortung für die Schöpfung ergibt sich aus der Erkenntnis, dass es einen Schöpfergott
gibt; unsere Fähigkeit, die Verantwortung wahr zu nehmen, ergibt sich aus der Vernunft, mit
der uns dieser Schöpfergott begabt hat. Wir sind Teil dieser Schöpfung. Wer den Mensch als
schützenswerten Teil dieser Schöpfung ignoriert, führt nicht nur den Menschen in die
Unfreiheit, sondern rettet auch die Schöpfung nicht.